Im Freistaat Sachsen sind am 13.04.2024 mehrere Änderungen am Sächsischen Privatrundfunkgesetz wirksam geworden. Die Änderungen betreffen vor allem die längst überfällige Anpassung des Gesetzestextes an den Medienstaatsvertrag; sie enthalten aber auch einige bedeutsame Neuerungen.
a) Keine Vorgabe zur Abschaltung von UKW (§ 4 Abs. 6 Satz 1 SächsPRG)
Der aus Sicht des VMPR erfreulichste Punkt vorweg: Das bislang auf den 31.12.2025 bestimmte Ende der Hörfunkverbreitung über UKW ist entfallen. Hierfür hatte sich der VMPR wiederholt eingesetzt (https://vmpr.de/aktuelles/22-01-2024-anhoerung-zum-siebten-gesetz-zur-aenderung-des-saechsischen-privatrundfunkgesetzes-im-saechsischen-landtag/). Demnach besteht nunmehr auch im Freistaat Sachsen kein fixes Abschaltdatum mehr. Auf weichere Übergangsvorgaben wurde ebenfalls verzichtet. Damit bleibt es den Hörfunkveranstaltern überlassen, entsprechend der Entwicklung der Nutzung von DAB+ und ihren eigenen wirtschaftlichen Gegebenheiten weitgehend selbst zu entscheiden, wann und inwieweit ein Übergang auf die ausschließlich digitale terrestrische Programmverbreitung erfolgt.
Die Radionutzung in Deutschland ist ungebrochen hoch. Nach den Audio Trends 2023 der Landesmedienanstalten ist UKW jedoch mit ca. 53 % weiter der am stärksten genutzte Empfangsweg der Hörer; 2022 waren es knapp 56 %. Demgegenüber wird DAB+ derzeit von knapp 13 Prozent der Haushalte als Empfangsart verwendet. Einschließlich Webradio, Kabel- und Sat- Empfang beläuft sich die Nutzung digitaler Radioempfangsmöglichkeiten auf insgesamt 34,4 %, 2022 waren es 34,1 %. Damit vollzieht sich die Digitalisierung des Hörfunks zwar fortlaufend, aber langsam.
Derzeit werden die wichtigsten Radioprogramme sächsischer Veranstalter im Simulcast, also analog und digital terrestrisch, verbreitet. Das erfolgt nicht nur im Interesse der Hörer, die – wie die Audio Trends 2023 – belegen, noch einen Radioempfang über UKW bevorzugen, sondern auch aus wirtschaftlichen Überlegungen. So ist die Simulcast- Verbreitung zwar erheblich teurer als eine reine DAB+ Verbreitung. Doch hinken die Vermarktungsumsätze über den digital terrestrischen Verbreitungsweg massiv hinterher. Es geht (noch) nicht ohne UKW.
b) Einführung des sog. Führerscheinmodells (vor allem §§ 5, 5a, 11 und 11a SächsPRG)
Nunmehr geht auch der sächsische Mediengesetzgeber zum sog. Führerscheinmodell über. Das bedeutet die Trennung der Zulassung eines Programmanbieters als Rundfunkveranstalter von der Zuweisung von Übertragungskapazitäten an ihn. Bislang war die Zulassung an die Zuweisung (mindestens) einer Übertragungskapazität gekoppelt. Umgekehrt bedeutete das, für jede neue Übertragungskapazität musste erneut eine Zulassung erlangt werden.
Dieser Weg ist aus Sicht des VMPR angesichts der zunehmenden Vielfalt von Angeboten und Verbreitungswegen grundsätzlich und insbesondere im Interesse einer möglichen Verfahrensbeschleunigung sachgerecht. Wichtig und richtig ist auch, dass Zulassung und Zuweisung um jeweils acht Jahre verlängert werden können. Im Hinblick auf die seit Jahrzehnten geübte Verwaltungspraxis der Landesanstalt gibt das Planungssicherheit, vor allem im Interesse kostenintensiver lokaler und regionaler Angebote.
Nach der Gesetzesbegründung soll mit dieser Neuregelung zudem die Zuweisung von Übertragungskapazitäten an Plattformbetreiber ermöglicht werden. Diese Regelung begrüßt der VMPR ebenfalls, auch wenn sie für die sächsischen DAB+ Multiplexe zu spät kommt. Hier erfolgte in den letzten Jahren eine Vergabe von Teilkapazitäten an einzelne Rundfunkveranstalter (https://vmpr.de/aktuelles/17-01-2023-kurz-vor-dem-sendestart-landesweite-und-regionale-dab-bedeckungen-im-freistaat-sachsen/).
c) Regelung der Zulassungsfreiheit von Rundfunkprogrammen (§ 5 Abs. 4 SächsPRG)
Die etwas konkreteren Regelungen zur Zulassungsfreiheit und die Möglichkeit zur Feststellung einer Zulassungsfreiheit durch Bescheid der Landesanstalt waren aus Gründen der Rechtssicherheit geboten. Hier bestand in der Vergangenheit eine rechtliche Grauzone.
d) Weitere erwähnenswerte Änderungen
Die Umbenennung der „Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien“ in „Sächsische Landesmedienanstalt“ verabschiedet den etwas sperrigen Begriff, zumal die „neuen Medien“ inzwischen auch nicht mehr so neu sind (§ 1a Abs. 2 SächsPRG).
Der Gesetzgeber lernte aus den kürzlichen Erfahrungen bei der Wahl zum Medienrat der Landesanstalt, immerhin dem wichtigsten Entscheidungsgremium in Sachen privater Rundfunk im Freistaat. Hier waren im Jahr 2023 tatsächlich neun Wahlgänge erforderlich gewesen (https://www.flurfunk-dresden.de/2023/07/05/ticker-zur-wahl-des-slm-medienrats-im-saechsischen-landtag/). Um angesichts der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft und der geringen Zahl von fünf Mitgliedern im Medienrat überhaupt noch erfolgreiche Wahlen erhoffen zu können, ist die Klarstellung zwei Drittel der anwesenden, anstatt aller Mitglieder des Landtages sachgerecht und zielführend (§ 30 Abs. 2 Satz 1 SächsPRG). Dass diese Klarstellung ausreichen wird, darf bezweifelt werden. Eine weitergehende Reform des Wahlverfahrens erscheint in der nächsten Legislaturperiode unvermeidlich.
Neu ist die Begrenzung der Amtszeit der Geschäftsführung der Landesanstalt auf sechs Jahre (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SächsPRG). Gerade weil die Mitglieder des Medienrates als maßgeblichem Entscheidungsgremium hauptberuflich anderweitigen Beschäftigungen nachgehen, kann die Beschlüsse vor- und nachbereitende Sacharbeit, insbesondere die hinreichende Information der Mitglieder des Medienrates, zuvörderst nur durch die Verwaltung der Landesanstalt erbracht werden. Das setzt unbedingte Loyalität und ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Medienrat und Geschäftsführer voraus, welches regelmäßig hinterfragt werden sollte.
Der Dissens zwischen den an der Landesregierung beteiligten Fraktionen über die Kompetenzverteilung zwischen den Organen der Landesanstalt, dem sachverständigen Medienrat und der pluralistisch besetzten Versammlung, ist kein Geheimnis und lähmt(e) die notwendige Gesetzesreform. Die jetzige Regelung bedeutet einen Minimalkompromiss. Geregelt wurde, dass der Medienrat wesentliche Informationen zu wichtigen Angelegenheiten und anstehenden Entscheidungen im Vorfeld der Sitzungen schriftlich an die Versammlung übermittelt, worauf die Versammlung Stellung nehmen kann. Sie kann zudem Fragen an den Medienrat richten, die dieser schriftlich beantworten muss.