zur ausstehenden Streichung des UKW- Abschalttermins im Sächsischen Privatrundfunkgesetz.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
als fast letztes Bundesland verfügt der Freistaat Sachsen in seinem Privatrundfunkgesetz über einen festen UKW- Abschalttermin. Er ist auf den 31.12.2025 bestimmt (§ 4 Abs. 6 Satz 2 SächsPRG).
Art. 1 Ziffer 6 Buchstabe c des Referentenentwurfs „Siebtes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes“ sieht eine Streichung dieses festen Abschalttermins vor. Leider hat der Sächsische Landtag den Gesetzentwurf noch nicht beschlossen.
1. Grundsätzlich plädieren die mitteldeutschen Privatradioveranstalter dafür, die Frage einer UKW- Abschaltung auch im Freistaat Sachsen dem freien Markt zu überlassen. Die UKW- Verbreitung ist deutlich kostenintensiver als eine Verbreitung via DAB+. Wenn für die Veranstalter der Zeitpunkt kommt, an dem eine UKW- Verbreitung mehr kostet als sie zur Kostendeckung beiträgt, werden diese freiwillig die UKW- Frequenzen zurückgeben. So lange aber die Nutzung via UKW hoch ist, kann kein privater Rundfunkveranstalter auf diesen Verbreitungsweg verzichten, da anderenfalls hohe Reichweitenrückgänge und damit existenzgefährdende Umsatzeinbußen zwangsläufig drohen würden. Die wirtschaftliche Grundlage der Privatradios basierend auf der Reichweitenvermarktung würde existenzbedrohend erodieren.
Für die gegenwärtig analog verbreiteten Radioprogramme – vorwiegend lokaler und regionaler Art und damit für die Meinungsvielfalt im Freistaat Sachsen besonders wichtig – ist die terrestrische Verbreitung via UKW unverändert die zentrale wirtschaftliche Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit.
Die Radionutzung in Deutschland ist ungebrochen hoch. 74,5% der Bevölkerung schalten täglich über UKW, DAB+ und Streaming ein (Quelle: ma 2022 Audio II). Dabei ist UKW mit fast 55,8 Prozent nach wie vor der am stärksten genutzte Empfangsweg der Hörer. Demgegenüber wird DAB+ von 12,4 Prozent der Haushalte als Empfangsart verwendet. Einschließlich Webradio, Kabel- und Sat- Empfang beläuft sich die Nutzung digitaler Radioempfangsmöglichkeiten auf insgesamt 34,1% (Quelle: die medienanstalten, Audio Trends 2022):
Grafik Meistgenutzte Radioempfangsart
Aus unserer Sicht ist nicht zu erwarten, dass die Nutzung insbesondere von DAB+ in absehbarer Zeit eine derart rasante Entwicklung nehmen wird, so dass eine UKW- Abschaltung ohne signifikante Reichweitenverluste zu realisieren ist.
2. Auf die – auch auf entsprechende Bedarfsanmeldung unserer Mitglieder – veranlasste Ausschreibung der Sächsischen Landesmedienanstalt haben sich insbesondere fast alle sächsischen Mitglieder des VMPR erfolgreich um die Zulassung ihrer derzeit analog terrestrisch über UKW verbreiteten Hörfunkprogramme sowie weiterer neuer Hörfunkprogramme als „digitale Dividende“ zur digital terrestrischen Verbreitung über DAB+ im Freistaat Sachsen beworben.
Aus den daraufhin erteilten Zulassungen, vor allem aber ihrer noch ausstehenden Umsetzung durch die Beauftragung eines Sendernetzbetreibers und nachfolgenden Aufnahme der digital terrestrischen Programmverbreitung oder – bei den neuen Programmen – Programmveranstaltung resultiert ein erheblicher, nicht nur finanzieller (Mehr-) Aufwand. Dieser finanzielle Mehraufwand könnte selbst im Falle einer großzügigen Förderung durch die Landesmedienanstalt derzeit nicht allein aus der Vermarktung der digital terrestrischen Programmverbreitung refinanziert werden.
Vielmehr ist ein Rückgriff auf Überschüsse der analog terrestrischen Programmverbreitung unerlässlich. Kurzum:
Ohne die Fortexistenz von UKW könnte es auf absehbare Zeit keine Programmverbreitung derzeit analog terrestrisch verbreiteter Programme allein über DAB+ geben.
Etliche weitere, zur Verbreitung über DAB+ im Freistaat Sachsen neu zugelassene Programme sollen offenkundig aus einer analog terrestrischen Verbreitung über UKW in anderen Bundesländern finanziert werden.
3. Hinzukommt, dass öffentlich- rechtliche Rundfunkanstalten und private Rundfunkveranstalter in benachbarten Bundesländern wohl über den 31.12.2025 hinaus Hörfunkprogramme analog terrestrisch über UKW verbreiten können. Die damit verbundene Einstrahlung nach Sachsen (sog. Overspill) würde die sächsischen Veranstalter zusätzlich wirtschaftlich beeinträchtigen.
4. Bereits im Juli 2021 wurde der VMPR zum Referentenentwurf „Siebtes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes“ angehört. Seitdem steht eine Gesetzesänderung weiter aus. Offenbar hindern Differenzen zwischen den Koalitionspartnern über die Strukturreform der Landesmedienanstalt eine zeitnahe Umsetzung des Gesetzentwurfes.
Deswegen bleibt dem VMPR und seinen Mitgliedern nur der Appell an Sie:
Bitte unterstützen Sie die sächsischen Privatradioveranstalter, die durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie und steigende Energiepreise ohnehin finanziell unter Druck stehen, indem Sie ihnen über den 31.12.2025 hinaus eine Refinanzierung ihrer Programmveranstaltung über UKW ermöglichen. Anderenfalls drohen weitreichende Folgen für die sächsische Rundfunklandschaft. Die privatwirtschaftlich finanzierten Rundfunkveranstalter und ihre journalistisch- redaktionell gestalteten Programme dürfen nicht divergierenden politischen Interessen über die Struktur von Gremien ausgeliefert werden!
5. Ende des Jahres 2019 gründete sich der Verband Mitteldeutscher Privatradios e. V. (VMPR) und nimmt seitdem die Interessen der mitteldeutschen Privatradioveranstalter wahr (https://vmpr.de/). Als Beispiel sei an dieser Stelle das Bemühen um staatliche Unterstützung seit dem Beginn der pandemischen Lage im Frühjahr 2020 genannt. Ziel ist aber auch, der Stimme der privaten Radioveranstalter eine dem Mitteldeutschen Rundfunk vergleichbare Gewichtung zu verleihen.
Der VMPR ist eingetragen im Lobbyregister (Registernummer R003331) als Interessenvertreter gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung.
Mitglieder sind zahlreiche landesweite und überregionale private Radioveranstalter in Mitteldeutschland, aus dem Freistaat Sachsen:
- BCS Broadcast Sachsen GmbH & Co. KG, u. a. mit den Radioprogrammen HITRADIO RTL Sachsen, Radio Dresden, Radio Dresden 2, Radio Leipzig, Radio Leipzig 2, Radio Chemnitz, Radio Chemnitz 2, Radio Zwickau, Radio Lausitz, Radio Erzgebirge – Wir lieben das Erzgebirge, Antenne Sachsen
- LFS – Landesfunk Sachsen GmbH mit dem Radioprogramm R.SA
- Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH mit dem Radioprogramm ENERGY Sachsen
- Privater Sächsischer Rundfunk GmbH mit dem Radioprogramm RADIO PSR
- Sächsische Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co. KG mit dem Radioprogramm apollo radio)))
- REGIOCAST GmbH & Co. KG mit den Radioprogrammen 90s90s, Schlagerplanet Radio (Mitgliedschaft beantragt)